Rede zum AfD-Antrag „Gender-Sprache in Nordrhein-Westfalen abschaffen – Wiederbelebung des generischen Maskulinums“

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die deutsche Sprache hat viele Vorzüge. Eine dieser Vorzüge ist, dass sie über einen reichen Schatz an Redewendungen und bildhaften Vergleichen verfügt. Die Redewendung, die mir bei diesem Antrag sofort eingefallen ist, ist die vom Bock, der zum Gärtner gemacht werden soll.

Damit, dass ausgerechnet die AFD sich zur Hüterin der deutschen Sprache, ja quasi zur Sprachpolizei aufschwingt, tut dies die Partei, die dafür am wenigsten dafür geeignet ist. 
Politikerinnen und Politiker keiner anderen Partei müssen schließlich so oft erklären, dass sie wohl missverstanden worden seien oder sich hier und da etwas unglücklich ausgedrückt hätten, wie dies bei der AfD der Fall ist.
Politikerinnen und Politiker keiner anderen Partei müssen schließlich so oft erklären, dass sie wohl missverstanden worden seien oder sich hier und da etwas unglücklich ausgedrückt hätten, wie dies bei der AfD der Fall ist.

Offenbar hat die AFD elementare Probleme mit der Vielfalt. Vielfalt ist ein anderer großer Vorzug der deutschen Sprache, nämlich die vielfältigen Möglichkeiten etwas auszudrücken. 

Leider reduzieren Sie diese Möglichkeit im Wesentlichen auf Diffamierungen.
Wir kennen alle die geschmacklosen Beispiele der AfD zu Vergleichen mit Ereignissen aus der deutschen Vergangenheit.


Mit ihrem Antrag versuchen Sie doch den Eindruck zu erwecken, als ob der durchaus renommierte Verein Deutsche Sprache die Rückkehr zum generischen Maskulinum gefordert habe. Dies ist natürlich nicht der Fall. Das ist einzig und allein Ihr ganz persönliches Anliegen und umso bemerkenswerter ist es, dass sie es nicht einmal selbst dort umsetzen, wo sie es könnten.
Denn selbstverständlich firmieren Frau Weidel und Frau von Storch auf der Homepage des AFD-Bundesvorstandes als Beisitzerinnen und nicht als Beisitzer und selbstverständlich ist Frau Guth in Niedersachsen nach eigener Darstellung genauso Fraktionsvorsitzende. Da fällt mir wieder eine schöne deutsche Redewendung ein, nämlich die von demjenigen der im Glashaus sitzt und mit Steinen werfen will.

Sprache ist dazu da, Menschen miteinander zu verbinden, sie in die Lage zu versetzen, miteinander zu kommunizieren, miteinander in Beziehung zu treten, Gemeinsames zu verabreden und zu vereinbaren. Leider hat Sprache auch das Potenzial, zu spalten, zu trennen und auszugrenzen so wie die AFD steht das gerne tut. Die generelle Einführung des generischen Maskulinums, so wie Sie dies fordern, wäre eine solche Ausgrenzung.
Sie fordern nicht mehr und nicht weniger, als Frauen aus dem öffentlichen Sprachgebrauch möglichst weitgehend zu verbannen. Das passt zu Ihrer sonstigen frauenpolitischen Programmatik, die sie wohl nur deshalb nicht mit „Kinder, Küche, Kirche“ überschreiben, weil sie mit christlichen Werten nach meinem Eindruck nicht allzu viel am Hut haben.

Sprache soll verbinden und vermitteln, gerade auch in der Politik, gerade aber auch in der Beziehung zwischen Behörden und Verwaltungen einerseits, Bürgerinnen und Bürgern andererseits. Das gelingt dann, wenn diejenigen, die mit den Menschen kommunizieren, sich trotz aller notwendigen Präzision und Eindeutigkeit so ausdrücken, dass sie verstanden werden. Das schafft man am besten, wenn man so spricht und schreibt, wie die Menschen selbst. Ich weiß, dass dies vielfach tatsächlich unmöglich ist, aber unsere Leitlinie sollte es schon sein. Und deshalb verändert sich ja auch die Sprache von Politik und öffentlichem Dienst. Briefe und Bescheide aus Verwaltungen lesen sich heute ganz anders als noch vor einigen Jahren und das ist auch gut so. Selbstverständlich heißt es heute Bürgerinnen und Bürger, Bundeskanzlerin und Oberbürgermeisterin, Studentinnen und Studenten. Und es hat nun wirklich niemandem geschadet, dass aus den Lehrlingen Auszubildende geworden sind. Das alles ist heute selbstverständlicher Sprachgebrauch und da die deutsche Sprache so präzise ist, wie sie nun einmal ist, hat sie auch die entsprechenden Differenzierungs- und Ausdrucksmöglichkeiten. Dies ist sicherlich auch der Grund dafür, dass das Binnen-I und das Gender-Sternchen sich nicht wirklich durchsetzen mögen und ich sage ganz offen, ich persönlich bin dafür auch dankbar.

Sie wollen mit ihrem Antrag zurück in das sprachliche Mittelalter. Frauen sollen auch im öffentlichen Sprachgebrauch auf den ihnen aus Ihrer Sicht zustehenden Platz verbannt werden, möglichst nicht wahrnehmbar. Ständig fordern Sie: „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.“ Für weibliche Berufs- und Amtsbezeichnungen soll das aber Ihrer Ansicht nach nicht gelten. Das machen wir nicht mit. Ich danke Ihnen für Aufmerksamkeit.

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