Rede zum Antrag „Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzte wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche“

Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Man könnte es sich mit Ihrem Antrag wirklich leicht machen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine Straftat. Deshalb ist es nur konsequent, dass die Werbung dafür auch strafbar ist.

Ganz so einfach ist es aber nicht, und daher spricht zu diesem Tagesordnungspunkt auch nicht Mann, sondern Frau.

Es gibt im Leben wohl kaum eine persönliche Erfahrung, die so emotional bewegt wie eine Schwangerschaft. Für die allermeisten Frauen bedeutet diese Erwartung große Freude. Für einige Frauen geht es aber nach der Feststellung einer Schwangerschaft um die Frage von Leben und Tod, nämlich um das Leben ihres ungeborenen Kindes.

Daher ist über viele Jahre mit großen Emotionen um eine gesetzliche Regelung gerungen worden, die 1995 schließlich mit dem Beschluss des Bundestages über den jetzigen § 218 des Strafgesetzbuchs endete. Der Bundestag musste seine ursprüngliche Beschlussfassung dann allerdings nach der Wiedervereinigung ändern, weil darin ein Abbruch nach Beratung als nicht rechtswidrig bezeichnet wurde.

Das Bundesverfassungsgericht hat dazu erklärt, dass der Gesetzgeber seiner Schutzpflicht für das ungeborene Leben nur dann nachkommt, wenn ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verboten ist. Deshalb gibt es § 218 in seiner jetzigen Form mit der Erklärung, dass ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Umständen straffrei bleibt.

Die Grünen haben bereits damals die grundsätzliche Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs kritisiert. § 219a des Strafgesetzbuches liegt in der Konsequenz von § 218. Das finden offenbar auch die Grünen. Denn tatsächlich geht es ihnen doch nicht um das Werbeverbot, sondern um den Schwangerschaftsabbruch.

Sie zielen mit ihrem Antrag auf § 219a StGB, aber treffen wollen Sie § 218.

Ihr Einsatz für den Schutz der Schöpfung umfasst scheinbar nicht alle Teile der Schöpfung.

Die CDU hat eine fundamental andere Auffassung. Ich bin der festen Überzeugung: Keiner Frau fällt es leicht, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden.

Es ist eben etwas anderes, über Schwangerschaften zu reden, als auf einem Ultraschallbild zu sehen, wie früh und wie winzig klein menschliches Leben beginnt.

Ich habe schon viele schwangere Frauen in Situationen erlebt, für die der Begriff „Konfliktsituation“ stark beschönigend ist. Deshalb finde ich es auch richtig, dass § 218 eine Beratungspflicht vorsieht. Nur eine umfassende Beratung kann nämlich gewährleisten, dass eine schwangere Frau ihre Entscheidung in Kenntnis aller relevanten Umstände trifft. In diesem Zusammenhang kann man durchaus über eine Änderung des § 219a StGB nachdenken.

In der Tat greift das Werbeverbot in der aktuellen Fassung von § 219a StGB sehr weit und umfasst auch das, was heute jedermann ohnehin bei Wikipedia und „Dr. Google“ nachlesen kann. Hier könnte ich mir gut eine Anpassung, aber keinesfalls eine ersatzlose Abschaffung, wie von Ihnen gefordert, vorstellen.

Denn Werbung, meine Damen und Herren, für Schwangerschaftsabbrüche, für Mittel, Gegenstände oder Verfahren dazu, kann ich mir nicht vorstellen.

Ich glaube auch, dass diese Fragestellung angesichts von gerade mal zwei Fällen, die im vergangenen Jahr in der Polizeilichen Kriminalstatistik in NRW erfasst wurden, an den tatsächlichen Problemlagen der Menschen in diesem Land vorbeigeht. Viel wichtiger wäre es, liebe grüne Fraktion, dass der Staat seine Schutzpflicht umfassender verstünde, indem er Schwangeren in Konfliktoder Notsituationen das Ja zum Kind möglichst leicht macht.

In der von mir bereits erwähnten Debatte des Bundestags 1995 hat der junge Bundestagsabgeordnete Armin Laschet eine Erklärung abgegeben und darauf hingewiesen, dass der Schutz des ungeborenen Lebens nur mit der Mutter und nicht gegen sie gelingen könne.

Deshalb ist es gut, dass fast alle Parteien auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens an diesem Miteinander arbeiten, indem wir zum Beispiel Betreuungsangebote aufbauen und finanzielle Hilfen gewähren. Unser Ziel muss es sein, den Frauen Möglichkeiten und Hilfen anzubieten, damit Kinder auch in Konfliktsituationen Grund zur Freude sind, die die Frauen nach einer qualifizierten Beratung behalten dürfen und können.

Wir wollen erreichen, dass es zwar gesetzliche Vorschriften wie §§ 218 und 219a StGB gibt, diese aber überhaupt keine Relevanz finden, weil man sie nicht anwenden muss.

Daran sollten wir eigentlich gemeinsam arbeiten. Darum werden wir Ihren Antrag heute ablehnen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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