Rede zum Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

wenn eine abgewählte Koalition in die Opposition muss, heißt es oft, man wolle sich da erneuern, innovativ sein und neue Ideen auf den Weg bringen. Hier in NRW sieht das anders aus:

Wenn es um das Ziel geht, den Anteil von Frauen in den Parlamenten zu steigern, sind sich alle demokratischen Parteien einig. Aber alles, was Ihnen von SPD und Grünen in der Opposition – befreit von den Zwängen des Regierungshandelns – dazu einfällt, ist bei anderen abzuschreiben. Denn das, was Sie vorschlagen, ist ja nichts anderes als das, was zu Beginn des Jahres die mittlerweile abgewählte rot-rote Koalition im Landtag von Brandenburg beschlossen hat.

Hier hat man inhaltlich genau das Gleiche beschlossen, was Sie jetzt fordern – die paritätische Besetzung der Listen für die Landtagswahl. Dass man sich dabei über die Einschätzung des eigenen parlamentarischen Beratungsdienstes hinweggesetzt hat, dass eine solche Regelung verfassungswidrig ist, sei nur am Rande erwähnt.

Aber dennoch lohnt ein Blick nach Brandenburg. Das Gesetz wurde im Februar beschlossen und gilt aber erst für die nächste Landtagwahl 2024.
Nun könnte man ja meinen, dass Parteien, die eine solche Wahlrechtreform sogar gegen verfassungsrechtliche Bedenken beschließen, die entsprechenden Regelungen schon anwenden, bevor sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, also mit gutem Beispiel vorangehen.
Das Ergebnis ist ernüchternd: Im neuen Brandenburger Landtag sind von 25 SPD-Abgeordneten nur 7 Frauen.

Wenn etwas auf den ersten Blick ganz nett aussieht, bei näherem Hinsehen aber keinen Sinn oder eine Funktion hat, nennen wir das im Münsterland „ein Tüchsken für´s Auge“.

Das trifft auch auf diesen Gesetzentwurf zu. Weil der Verfassungsverstoß sonst allzu offensichtlich wäre, beschränken Sie die beabsichtigte Paritätsregelung ja sinnvollerweise auf die Listen. Der Landtag hat normalerweise 181 Abgeordnete von denen 128 direkt gewählt sind und 53 über die Listen kommen. Das heißt, Ihr Gesetzentwurf würde gerade einmal 26 von 181 Mandaten für Frauen garantieren.

Deshalb bleibt es dabei: Wenn der Frauenanteil hier im Landtag steigen soll, dann ist nicht der Gesetzgeber gefragt, sondern wir selbst sind es, die Parteien.
Aus Münster kann ich Ihnen berichten, dass man da durchaus etwas bewegen kann. Wir haben in Münster zwei Landtagswahlkreise und sowohl die CDU als auch die SPD, die Grünen und die FDP haben jeweils einen Mann und eine Frau aufgestellt.
Die SPD hat aber in Wuppertal das Kunststück fertiggebracht in den drei Wahlkreisen drei Männer aufzustellen, in Duisburg in vier Wahlkreisen nur eine Frau. Da ist wohl noch Luft nach oben.

Wir können und müssen selber regeln, dass mehr Frauen in Mandatsverantwortung kommen – und zwar nicht nur für den Landtag. Dazu müssen wir als Parteien aber zunächst auch einmal für Frauen attraktiver werden.
Wenn mehr Frauen in die Parteien eintreten, wird es auch mehr Mandate für Frauen geben. Dazu können wir in den Parteien viel beitragen: Da geht es nicht nur um Inhalte, sondern auch um Arbeitsstrukturen, Sitzungszeiten und -dauern, oder Betreuungsangebote für Kinder.
Da können wir alle mit gutem Beispiel vorangehen und brauchen keinen Gesetzgeber. Das nennt man Subsidiaritätsprinzip und ist damit ganz im Sinne unseres Grundgesetzes.

Der Überweisung stimmen wir natürlich zu und diskutieren gerne weiter.

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