Rede zur Großen Anfrage „Frauen in der Justiz in Nordrhein- Westfalen“

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

Herzlichen Dank für diese Anfrage! Denn die Zahlen, die die beteiligten Ministerien – auf immerhin 131 Seiten!-zusammengestellt haben, können sich sehen lassen.
Frauenanteile in Justizberufen von zum Teil über 50%, positive Entwicklungen in fast allen Bereichen und abgefragte Zahlen in den Jahren der schwarz-gelben Landesregierung, umfassende Bemühungen und viele Projekte, um noch besser zu werden: Herzlichen Dank für diese Anfrage, denn Sie liefert für den anstehenden Landtagswahlkampf viele positive Bilanzzahlen.

Natürlich ist es Ihre Aufgabe, mögliche „Löcher im Käse“ zu suchen, die sie da aufwändig bestellt haben. Aber ich hatte den Eindruck, dass Ihnen das sehr schwer gefallen ist, auch wenn Sie sehr bemüht waren.

Ich kann Ihnen aber auch Kritik nicht ersparen.
Frauen in der Justiz – das sind für Sie die Beschäftigten in Ministerien, Gerichten, Staatsanwaltschaften und Strafvollzug, das sind für Sie Opfer oder Häftlinge – das sind für Sie aber nicht Frauen, die selbständig tätig sind, die als Rechtsanwältinnen oder Notarinnen tätig sind. Das finde ich schon sehr bezeichnend.
Und dabei gibt es da tatsächlich auch noch eine wichtige Baustelle. Der Frauenanteil unter Rechtsanwälten liegt bei etwa 35 Prozent, bei den Nur-Notaren bei 24% und bei den Anwaltsnotaren bei etwa 14 Prozent.

Als 1951 zum ersten Mal Richter für das Bundesverfassungsgericht berufen wurden, befand sich darunter genau eine Frau. Als sie zwölf Jahre später ging, war sie immer noch die einzige.
Es dauerte bis in die 80er Jahre bis man mal eine zweite Frau berufen hat. Hier in NRW sah es noch schlimmer aus. Da hat man 25 Jahre gebraucht, bis man überhaupt zum ersten Mal eine Frau an den Verfassungsgerichtshof berufen hat. Erfreulicherweise haben wir vor wenigen Wochen zum zweiten Mal nacheinander eine Präsidentin an die Spitze unseres höchsten Gerichts gewählt!

Insgesamt sind wir heute deutlich besser dran, auch weil der Frauenanteil in der nordrhein-westfälischen Richterschaft bei über 50 Prozent liegt und es heute 300 Richterinnen mehr in NRW gibt, als es unter Rot-Grün der Fall war.

Dennoch zeigt die Anfrage natürlich in einigen Punkten Handlungsbedarfe auf, die in aller Regel aber schon in Arbeit sind. So finde ich die Ausführungen zur Repräsentanz von Frauen in den Prüfungskommissionen durchaus bedenklich. Wenn Frauen da nach wie vor unterrepräsentiert sind und dies dann dazu führt – zumindest gibt es dafür Anzeichen – dass Frauen schlechter benotet werden, sollten wir uns dieses Problems annehmen.
Denn die Noten haben ja z.B. Auswirkungen auf die mögliche Laufbahn.

Genauso finde ich, dass es völlig aus der Zeit gefallen scheint, dass der Bundestag erst im Juni – nach immerhin 8 Jahren SPD-Ministern im Justizressort – das Richtergesetz so geändert hat, dass ein Teilzeitreferendariat möglich ist. Da sollten wir dann jetzt auch in NRW schnell an die Umsetzung gehen. Die Justiz scheint mir der letzte Bereich zu sein, in dem noch keine Teilzeitausbildung möglich ist.

Und natürlich müssen wir Homeoffice oder Telearbeit fördern – aber das ist kein spezifisches Problem der Justiz.

Die Antwort auf die Anfrage macht deutlich: Die Justiz in Nordrhein-Westfalen ist ein attraktiver Arbeitgeber – gerade auch für Frauen – und sie ist für Frauen unter Schwarz-Gelb noch attraktiver geworden. Dazu haben einzelne Maßnahmen beigetragen, vor allem aber auch das angesprochene Rahmenkonzept zur Personalentwicklung mit einem deutlichen Akzent bei familienorientierten Arbeitsbedingungen.

Ich möchte unser aller Augenmerk aber noch auf einen anderen Aspekt lenken, der in der Antwort thematisiert wird. Frauen werden deutlich öfter in Wohnungen Gewaltopfer als Männer. Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, das uns im Gleichstellungsausschuss permanent beschäftigt. Es gibt umfassende Präventionsprogramme, seit einem Jahr das Opferschutzportal und bei der Anonymen Spurensicherung ist NRW Vorreiter. Dennoch ist da noch viel zu tun. Wir müssen daran arbeiten, dass es in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür gibt, dass häusliche Gewalt eine Straftat ist und keine Privatangelegenheit.

Meine Damen und Herren,
in der Politik ist man nie am Ziel, es gibt immer noch etwas zu tun und zu verbessern.
Auf das Thema Frau in der Justiz in NRW bezieht sich das sicher nicht.
Wir sind nicht am Ziel, aber in NRW auf einem guten Weg schon ein gutes Stück vorangekommen.

Dokumente / Verweise: